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VERTIEFUNG FÜR ZUWEISENDE, FACHPERSONEN UND FÜR ALLE INTERESSIERTEN

Bei der Kunsttherapie im intermedialen Ansatz werden verschiedene künstlerische Medien (Bild, Ton, Bewegung, gesprochenes Wort oder Handlung) im Wechsel oder in Kombination miteinander eingesetzt. Der Transfer zwischen den unterschiedlichen Medien erlaubt und unterstützt die intermodale Dezentrierung, welche ein wichtiges Konzept in der Intermedialen Therapie ist. Intermodale Dezentrierung bedeutet, dass während des Settings nicht primär auf das Problem des Klienten fokussiert wird, sondern auf den künstlerischen Prozess, welcher einen Raum der Entfaltung schafft (Eskamed AG, 2020). Dieser künstlerische Prozess ist befreit von bekannter Symbolik und Metaphernwelt (wo zum Beispiel ein Herz für die Liebe, oder Grün für die Hoffnung steht), die den therapeutischen Prozess blockieren kann. Die Klient:innen dürfen sich so selbst neu erleben, erfahren einen Ausgleich und die neue Herangehensweise wird oft als erhellend empfunden, weil dieser Prozess eben genau nicht mittels der konventionellen alltäglichen Sprache verläuft. 

Die Klient:innen dürfen in dem geschützten Raum des Ateliers Neues ausprobieren: Der künstlerische Prozess wirkt aktivierend. Dies passiert auf der Wahrnehmungsebene sowie im Arbeitsprozess. Alle Sinne werden angesprochen, die ästhetische Erfahrung funktioniert wie ein synästhetisches Erlebnis und enthüllt ein neues Befinden. Eine Kette von Entscheidungen, die mit intuitiven oder durchdachten Verfahren im kreativen Prozess entstehen, gilt dabei als Simulation des Lebensalltags. Kunst schaffen bedeutet unter anderem sich Fragen zu stellen, zwischen Möglichkeiten auszuwählen und Entscheidungen zu treffen. Dieser Ablauf bildet den künstlerischen Prozess und gilt so als Modell für eine gelungene Struktur eines Handlungsprozesses (Exekutive Funktionen), der somit in verschiedenen Bereichen – auch außerhalb der Kunst – verwendet werden kann (Baruelli, 2015) Hier werden die Klient:innen begleitet, unterstützt und darin gefördert, eine aktive Rolle zu übernehmen (Heimes, 2010). Der Verantwortungsübernahmeprozess ist sehr spezifisch kunsttherapeutisch: Durch die Entstehung des Werks bekommt dieser Prozess eine konkrete und sichtbare Form, welche als Visualisierung stark im Gedächtnis gespeichert werden kann. Das Werk und der Entstehungsprozess des Werks bringen das Unsichtbare zum Vorschein. 

Die Kunsttherapie im intermedialen Ansatz ist sehr geeignet für therapieresistente Klient:innen, die eine langjährige therapeutische Erfahrung haben und durch kognitive Therapien keine echte Veränderung mehr erleben. Zum Beispiel bei rezidiven affektiven Störungen wird in der Kunsttherapie ein Raum eröffnet, wo anders erlebt werden kann. Die Impulse und die Möglichkeiten, die im Atelier gefördert werden, legen einen Boden für eine neue Wahrnehmung, welche wiederum eine Veränderung erlaubt. Manchmal sind es minimale Momente, welche die Klient:innen zu einem neuen Erleben animieren. Bei Angst- und Zwangsstörungen kommen die Klient:innen in Kontakt mit inneren Kräften und Dynamiken, mit denen sie nicht umgehen können. Hier kann die Kunsttherapie diese Energie anders kanalisieren. Das körperliche und sinnliche Erfahren, zusammen mit dem kognitiven Erfahren von neuen Handlungsabläufen (durch den kreativen Prozess), bringt ein neues Panorama an Perspektiven mit sich, das Muster und bekannte Mechanismen aufzeigt und durchbrechen kann. Bei Trauma- Klient:innen wirkt Kunsttherapie als resilienzstärkendes Verfahren. Das Werk, als Stellvertreter eines Themas, einer Lösung, des Prozesses, begünstigt das Verfahren der Annährung und Distanzierung (Tizte, 2012), was die Verarbeitung des Traumas unterstützt. Die Arbeit mit kreativen Medien fördert die Entdeckung von verbor- genen Ressourcen, welche im Alltag verlinkt werden können und reduziert Stress und Ängste. (Stuckey, Nobel, 2010). 

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